Wissenschaftliche Untersuchungen
Teilprojekt Etablierungsökologie
Bearbeiter: C. Walczak
Zielstellung
Der gezielte Eintrag von Diasporen von Leit-und Zielarten stellt einen zentralen Maßnahme- und Forschungsschwerpunkt bei der Erhaltung und Regeneration von naturschutzfachlich wertvollen Grünlandgesellschaften dar. Die aktive Ansiedlung von Arten der Zielgesellschaften (sub-)montaner Grünländer in extensivierten Übergangsstadien und gefährdeten Alt-Beständen dient der quantitativen Verstärkung eines natürlichen Diasporeninputs bzw.
- der Überbrückung von Ausbreitungshindernissen,
- kann die Entwicklung selbstverstärkend beeinflussen,
- dient der Erweiterung von Siedlungsraum für rückläufige Populationen,
- kann über eine Trittsteinwirkung die Entwicklung weiterer Grünlandbereiche positiv beeinflussen.
Im Rahmen der Untersuchungen sollen Effekte der unterschiedlichen Regenerationsmaßnahmen artenreicher, naturschutzfachlich wertvoller Grünlandgesellschaften bezüglich der Keimung- und Etablierung ausgewählter Leit- und Zielarten der Grünlandgesellschaften des Projektgebietes geprüft und Erkenntnisse zur Verbesserung der Regenerations- und Artenhilfsstrategien abgeleitet werden.
Artenauswahl
Die Auswahl umfasst ausschließlich Arten aus dem Spektrum des im Teilprojekt Vegetationskunde während des E+E-Vorhabens Phase I für das Untersuchungsgebiet entwickelten Leit- und Zielartenkonzepts (Hachmöller et al. 2010). In diesem Sinne werden sowohl für bereits für das Teilprojekt Populationsökologie als Zielarten definierte Arten (in Ergänzung dieses Teilprojektes), als auch für weitere Arten der Leit- und Zielartengruppen (LAG/ ZAG) Aspekte der Keimungs- und Etablierungsökologie im Zusammenhang mit Regenerationsmaßnahmen untersucht.
Art | ZAG | LAG | Artenkorb LfULG1 |
Förderschwerpunkt Verantwortungsarten2 |
---|---|---|---|---|
Arnica montana | 3 | 1 | x | x |
Betonica officinalis | 8 | |||
Carex pulicaris | 6 | 10 | ||
Crepis mollis | 5 | x | x | |
Dactylorhiza maculata agg. | 5 | 1 | x | |
Dactylorhiza majalis | 5 | 10 | x | x |
Dianthus sylvaticus | 3 | 5 | ||
Helianthemum nummularium | 3 | x | ||
Hypochaeris maculata | 2 | 3 | ||
Iris sibirica | 4 | 8 | x | |
Laserpitium prutenicum | 4 | 8 | x | |
Orchis mascula | 1 | x | ||
Pedicularis sylvatica | 6 | |||
Phyteuma orbiculare | 3 | 5 | x | |
Polygala vulgaris | 1 | |||
Primula veris | 1 | 3 | x | |
Pinguicula vulgaris | 6 | 10 | x | |
Serratula tinctoria | 4 | 8 | x | |
Succisa pratensis | 8 | x | ||
Trollius europaeus | 5 | 5 | ||
Silene viscaria | 2 |
1Leit- und Zielarten aus der Auswahl der „Arten mit besonderem fachlichen Handlungsbedarf in Sachsen“ (LfULG)
2Aus der Artenliste für den „Förderschwerpunkt Verantwortungsarten“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt
Untersuchungsansätze
Überprüfung der langfristigen Effektivität von praxisnahen Regenerationsmaßnahmen: Ausbreitung aus dem Initialstandort in die Fläche
In Umsetzung der Erkenntnisse aus der ersten Phase des E+E wurden im Rahmen von Fördermittelprojekten 2009 bis 2010 im Oelsener Gebiet 19 großflächige (jeweils ca. 0,1ha) Oberbodenabträge abgeschoben und nach der erprobten Methode durch Mähgutübertragung mit Diasporenmaterial angereichert. Als neue Maßnahme wurde zusätzlich separat von Hand gewonnenes gebietsheimisches Saatgut von Leit- und Zielarten eingebracht.
Außerdem wurden als neue spezielle Artenhilfsmaßnahme knapp 100 kleinflächige, als „Plaggeflächen“ bezeichnete Oberbodenabtragsflächen angelegt und ausschließlich mit von Hand gewonnenem Saatgut von Leit- und Zielarten belegt.
Folgende Fragestellungen zum Etablierungs- und Ausbreitungspotential der eingebrachten Leit- und Zielarten sollen beantwortet werden:
- In welchem Umfang konnten sich bisher eingebrachte Leit- und Zielarten bereits innerhalb der Initialfläche etablieren (im Sinne einer erfolgreichen generativen Reproduktion)?
- Finden nach erfolgreicher Etablierung einer Art am Initialstandort ein Diasporeneintrag, Keimung und Etablierung in der umliegenden Fläche statt?
Erprobung der neuen Maßnahmenkombination Plaggeflächen+Diasporeneintrag
Die Anlage kleinflächiger Oberbodenabträge von wenigen Quadratmetern Größe, so genannte Plaggeflächen, stellt eine neuartige, im Untersuchungsgebiet seit 2009 angewandte Maßnahmekombination dar, da diese Initialflächen eine vorher noch nicht erprobte Größe haben und keinen Mähgutauftrag erhielten, sondern nur mit von Hand gewonnenem gebietsheimischem Saatgut von Leit- und Zielarten belegt wurden.
Durch Aussaatversuche auf insgesamt 62 im Jahr 2013 neu angelegten Plaggeflächen ermittelte Angaben zur Eignung der Methodik für die untersuchten Arten soll eine weitere Wissenslücke für die Erstellung eines Handlungskonzeptes zur Wiederherstellung und Aufwertung von wertvollen Grünlandgesellschaften in silikatischen Mittelgebirgsregionen geschlossen werden. Eine differenzierte Bewertung der Effektivität der neuen Maßnahmekombination von gezielten Diasporeneinträgen auf Plaggeflächen wird durch eine Quantifizierung des Keimlingsauflaufes, des Saat- und Etablierungserfolges (im Sinne von Urbanska (1992) möglich.
Diasporenbankdauer:·langfristiges Verhalten von Arten in der Diasporenbank
Während der ersten Phase des E+E-Vorhabens (2003+2004) wurden Vergrabungsversuche mit Samen von insgesamt 18 Pflanzenarten in zwei Tiefenstufen am Freilandstandort bei Oelsen begonnen (Hachmöller et al. 2010). Der langfristig angelegte Versuch sollte zunächst Aufschlüsse über die Fähigkeit der untersuchten Arten zur Bildung einer vergänglichen (transient) bis kurzfristig dauerhaften (short term perisistent sensu THOMPSON et al. (1997)) Diasporenbank liefern.
In Fortsetzung dieses Langzeitversuches sollen nun nach 10 Jahren erneut Proben exhumiert und mittels standardisierter Tests auf einen vital verbliebenen Diasporenvorrat (entsprechend: Bildung einer langfristig dauerhaften Diasporenbank = „long term persistent“ sensu THOMPSON et al. (1997)) geprüft werden.
Literaturangaben
- HACHMÖLLER, B.; HÖLZEL, M.; SCHMIDT, P. A.; WALCZAK, C.; ZIEVERINK, M. & ZÖPHEL, B. (2010): Regeneration und Verbund (sub-)montaner Grünlandbiotope im Osterzgebirge. - Naturschutz und Biologische Vielfalt 99: S. 1-244.
- THOMPSON, K., BAKKER, J. P. & R.M. BEKKER, R. M. (1997): The soil seed banks of North West Europe: methodology, density and longevity. – Cambrige, University Press.
- URBANSKA, K. M. (1992): Populationsbiologie der Pflanzen. - Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, Jena: 374 S.